von Melanie Stühler

Wörter und emotionale Bibliotheken

Melanie Stühler

Wie oft stehen wir im Feld und der Hund frisst irgendeine Kacke oder wälzt sich in irgendwas oder suhlt sich im Schlamm. Da rutscht uns oft mal ein: “spinnst Du” raus. Für den Hund hat das wenig bis keine Bedeutung, höchstens spürt er, dass die Stimmung nicht die beste ist.

Wir meinen aber: Hör sofort auf, komm da raus, Pfui, lass das sein oder ähnliches.

Warum sagen wir es aber nicht?

Bestimmte Worte haben wir “abgelegt” in bestimmte Ordner denen wir bestimmte Bedeutungen, Emotionen etc. zugeordnet haben. Für uns ist also klar, wie das gemeint ist, und was wir mit unserer Aussage bewirken. Und sei es nur mal die Emotion rauslassen. Ob das bei unserem Kommunikationspartner auch so ankommt, das steht auf einem anderen Blatt.

Das liegt an unserer emotionalen Bibliothek. Wörter haben für jeden von uns eine Bedeutung, die über die des Dudens weit hinausgeht. Wir verbinden mit Wörtern bestimmte Gefühle, basierend auf unserer Erfahrung und Erinnerung. Diese Erfahrungen, Erinnerung uns Emotionen unterscheiden sich von Mensch zu Mensch. Und je nach der emotionalen Bewertung der Erfahrung, legen wir das Wort in verschiedenen Bibliotheken ab.

Ich frage deshalb meine Kunden ganz oft, wenn ein Signal nicht funktioniert, welche Aussage dahinter steht. Nehmen wir die Situation vom Anfang. Der Hund will sich wälzen oder was ekliges fressen. Viele nutzen dafür „Nein“ als Verbot. Klappt nicht immer gut oder meistens sogar ziemlich schlecht. Wenn ich dann frage, was für eine Aussage dahinter steht kommt oft: Iieehh, das ist eklig. Bitte nicht…

Die Frage ist ob so eine Aussage den Hund dazu bringt das Verhalten zu unterlassen.


Als Kind habe ich sehr gerne Wurst mit Marmelade gegessen. Da hat auch fast jeder gesagt: iehhh, das ist ja eklig. Hat zu einem Schulterzucken geführt und ich habe natürlich trotzdem weiter gegessen.


Zum einen ist es also die Aussage dahinter, die dazu führt, dass es nicht funktioniert. Und zum anderen die emotionale Bibliothek. Was fühle ich, wenn ich „Nein“ sage. Die meisten sagen dann: Nichts. Das liegt aber daran, dass wir ein Nein nicht wirklich als Verbot benutzen, sondern im Alltag ein „Nein“ oft noch abschwächen. Nein Danke, Nein lieber nicht. Und damit wäre es in der emotionalen Bibliothek so im Bereich von Rosamunde Pilcher abgelegt.

Wenn ich den Menschen dann Fragen stelle, die sie wirklich empören und ablehnen, dann antwortet niemand mit „Nein“. Und dann merkt man auch plötzlich die Anspannung im Körper und die Emotionen. Ein gänzlich anderes Bild als ein entspanntes „Nein“. Dann müssen wir nur noch klären welche Aussage hinter dem Verbot stehen soll und das Rätsel ist gelöst und man hat schnell das für sich passende Wort gefunden. Es sollte in der Bibliothek in jedem Fall zwischen Sachbuch und Thriller liegen!

Und diese Emotion hat auch die entsprechende Auswirkung auf unsere Haltung. Und Körpersprache ist wichtig, um authentisch zu sein.

Das Beispiel gilt natürlich auch in die andere Richtung. Ehrliche und echte Freude kommuniziert man eher nicht, wenn die Aussage dahinter ist: Na also; geht doch!


Übertragbar ist das gleichermaßen für die menschliche Kommunikation wie für die Kommunikation mit dem Hund. Viele Missverständnisse oder Unklarheiten könnten vermieden werden, wenn wir uns bewusst machen, was bestimmte Wörter und Aussagen für uns selbst wirklich bedeuten und wie ernst sie gemeint sind oder ob wir das vielleicht gar nicht meinen, sondern nur sagen. Und wenn man nicht hinter einer Aussage steht, wird man sie niemals entsprechend rüberbringen. Sowohl andere Menschen als auch der Hund spüren eben, dass wir nicht dahinterstehen, dass das nicht wir sind, es nicht authentisch ist.

Sei eine erstklassige Ausgabe deiner selbst, keine zweitklassige von jemand anderem

Judy Garland

Das ist nun schon der zweite Text zur Emotion und es wird noch ein dritter folgen, weil es noch einen ganz wichtigen Punkt gibt, neben Emotionen entgegen zu wirken und die Wörter der eigenen emotionalen Bibliothek anzupassen. Die Emotionen richtig zu unterstützen ist der nächste wichtige Aspekt. Was du bestärken möchtest, musst du auch rein geben…

Meine Kunden kennen die Frage: Was trainierst du gerade: Yoga oder Eishockey?

© Text und Bild: Melanie Stühler
Illustration: http://www.skyjackstudios.com/

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